Refuse, Rethink, Reduce
Gut leben, schlau konsumieren
Im Beitrag „Online Shopping vs. Ladengeschäft“ wurde bereits erwähnt, dass Transport und Handel je nach Produkt nur 1-10% der Gesamtemissionen verursachen. Drei Viertel der Treibhausgasemissionen entstehen bei der Herstellung eines Produktes.
Im fünften „Circularity Gap Report“ (Bericht über die Zirkularitätslücke) wird der weltweite Rohstoffbedarf an neuen Materialien mit rund 100 Milliarden Tonnen (Stand 2021: 101,4 Milliarden Tonnen) angegeben – also über 12 Tonnen pro Person [Anmerkung: Man bedenke an dieser Stelle, dass damit nicht nur die Rohstoffe für den eigenen Haushalt gemeint sind, sondern beispielsweise die öffentliche Infrastruktur und eben auch fossile Brennstoffe]. Während der Rohstoffbedarf jährlich weiter steigt, hat sich die Wiederverwendungs- und Recyclingrate nicht verbessert, sie stagniert bei etwa 8,6 %.
Gut leben ohne Ressourcenverschwendung
Das Konzept der „10-Re“ der Kreislaufwirtschaft zeigt, dass ökologisch bewusste Entscheidungen nicht pauschal Verzicht bedeuten, auch wenn selbstverständlich der Nicht-Kauf eines Produktes die ökologisch freundlichste Variante ist (darum beginnen die „Re“s auch mit „Refuse“ (Ablehnen). Doch Fakt ist, dass wir Lebensmittel, Kleidung, Möbel und auch elektronische Gebrauchsgegenstände für ein Leben in der Gesellschaft benötigen, d.h. kaufen und/oder nutzen müssen. Und dafür gibt es eben noch neun andere „Re“s:
- Refuse – Ablehnen: Was nicht wirklich gebraucht wird, wird wirklich nicht gekauft! (Oder ausgedruckt, benutzt… Für Unternehmen kann dies bedeuten, anstelle „einfacher“, aber problematischer Rohstoffe bessere Alternativen zu verwenden)
- Rethink – Umdenken: „Veränderung fängt im Kopf an“[1]. Von regelmäßiger, sachgemäßer Pflege und Handhabung, die Geräte länger leben lässt bis zur Frage, ob man eine bestimmte Dienstleistung oder ein spezifisches Produkt doch nicht auch mieten oder mit anderen teilen kann, anstatt es zu kaufen.
- Reduce – Reduzieren: Benötige ich wirklich die Größe und Menge eines Produktes, wie es der Handel mir gerne verkaufen würde? Zum Reduzieren zählt auch, weniger häufig zu konsumieren, insbesondere wenn es um Produkte geht, die aus „Neumaterial“ hergestellt wurden.
- Reuse – Wiederverwenden statt Wegwerfen: Das „Wiederverwenden“ kann bedeuten, eine Verpackung für etwas anderes wiederzuverwenden, es bedeutet aber vor allem auch, anstatt funktionsfähige Bücher, Geräte, Kleidung, Spielsachen, etc. im Müll zu entsorgen, diese im Familien- und Bekanntenkreis weiterzugeben, an Second-Hand-Läden oder karitative Einrichtungen zu verschenken oder gar günstig zu verkaufen. Damit wird die Lebensdauer des Produktes verlängert – und an anderer Stelle die Herstellung eines neuen Produktes erspart.
- Repair – Reparieren: Eine weitere Methode, die Lebensdauer eines Produktes zu verlängern – meist für den eigenen Gebrauch. Von kleinen Flicken an Kleidung bis zur Reparatur von Haushaltsgeräten. Wer selbst oder mithilfe von (professioneller) Anleitung im Repair-Café (oder über Anleitungen im Internet) reparieren kann, spart noch dazu Geld. Auf den Aspekt der Langlebigkeit (Qualität) achtet man am besten schon beim Kauf. Kurzfristig kann das ein höherer Preis bedeuten, langfristig ist es auf jeden Fall wirtschaftlicher als eine Neuanschaffung.
- Refurbish – Auffrischen: Ist Abwechslung gewünscht, reicht es manchmal vielleicht auch, Möbel mit einer neuen Farbe zu streichen, anstatt gleich ein neues Möbelstück zu kaufen.
- Remanufacture – Refabrikation: Funktionierende Komponenten eines alten, ausrangierten Produktes neu zu verwenden, ist als Privatperson vielleicht nicht ganz so einfach, für Unternehmen und Basterler:innen aber auf jeden Fall ein Gedanke wert.
- Repurpose – Weiterverwendung / Upcycling: Das Umfunktionieren von beispielsweise leeren Flaschen zu Vasen oder alten Planen zum Ausgangsmaterial für Taschen ist hier gemeint. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
- Recycle: Wohl das beliebteste „Re“, da sehr einfach. Ressourcen zurück in den Kreislauf führen, damit sie als Rezyklat für neue Produkte bereitgestellt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass leider nicht alles beziehungsweise oft nur ein kleiner Teil des getrennten Mülls zurück in den Kreislauf geführt wird und dass dennoch ein hoher Energieaufwand dahintersteckt – deshalb auch die anderen „Re“s beachten!
- Recover – Rückgewinnung: Damit ist die „thermische Verwertung“ (die Verbrennung von Abfall mit Nutzung der Abwärme) als letzte Option zur zumindest geringfügigen Rückgewinnung der Ressourcen gemeint [Anmerkung: Ca. 45 Prozent der Energie, die im „Müllprodukt“ selbst stecken, können im Bestfall (wenn Wärme, Strom und Dampf genutzt werden) zurückgewonnen werden. Unmöglich rückzugewinnen ist die ursprünglich aufgewendete Energie zur Herstellung].
Rethink
Die größten Hebel sind zuerst gelistet. Möchte oder kann man auf etwas nicht verzichten, besteht die Einladung, umzudenken. Gibt es die Möglichkeit, ein Auto, ein Gerät etc. zu teilen? Eine Fahrgemeinschaft zu bilden, ein Kostüm zu mieten? Braucht es Kleidung, Haushalts- und Elektronikgeräte, Spielsachen oder Möbel stets und unhinterfragt als Neuware oder täte es ein gebrauchter Artikel in gutem Zustand nicht genauso?
Laut Untersuchungen der französischen Agentur für Umwelt- und Energiemanagement (ADEME) spart der Kauf eines generalüberholten („refurbed“) Smartphones anstelle eines neuen 261,3 kg Rohstoffe und 77,59 kg CO2 im Laufe der zwei Jahre, die der durchschnittlichen Besitzdauer entspricht. Ein schwedisches Forscherteam kam in ihrer Lebenszyklusbewertung zum Schluss, dass der Kauf gebrauchter Laptops 40-50% geringere CO2 Emissionen verursacht als deren Neuerwerb. Insbesondere reduziert das zweite Leben der Laptops die gesundheitlich problematische, weil giftige Verschmutzung von Wasser beim Zink-, Arsen- und Chromabbau.
Selbstverständlich ist es viel bequemer, im nächsten Laden oder via Online-Shopping neue Waren zu kaufen. Wer zusätzlich zum ökologisch deutlich geringeren Fußabdruck noch eine weitere Motivation für den zeitlichen Mehraufwand benötigt, kann diesen in der Geldersparnis finden. Auf jeden Fall sei hier auf die eingangs erwähnten 12 Tonnen Ressourcen erinnert, die bei unserem jetzigen Lebensstil jährlich pro Person benötigt werden.
Motiviert, es dieses Weihnachten ein bisschen anders zu machen? Hier ein paar weiterführende Links:
Die Umweltberatung: „Tolle Weihnachtsgeschenke, die keinen Mist machen!“. Abgerufen am 16.12.2023
Österreichische Plattform für Refurbished Elektronik mit mindestens 12 Monaten Garantie: https://www.refurbed.at/
Die Second Hand-Shops und Services der Caritas: https://www.carla.at/
… Volkshochschulkurse, Theaterbesuche, Restaurantgutscheine, etc. in eurer Nähe!
Quellen:
ADEME Bericht (2022) „Assessment of the environmental impact of a set of refurbished products” zitiert in Impakter Beitrag „By Buying a Refurbished vs. New Smartphone, You Can Save Over 77kg of CO2”. Abgerufen am 15.12.2023
Bericht über die Zirkularitätslücke (2022, Nr. 5): Circularity Gap Report. Ein Newsbeitrag dazu findest sich im Edie Newsroom Beitrag: „Report: Global resource use hit record high in 2021, despite pandemic slowdown“. Abgerufen am 14.12.2023
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Arbeitskreis Abfall und Rohstoffe (2015): „Ressourcenschutz ist mehr als Rohstoffeffizienz“. Abgerufen am 14.12.2023
Drehscheibe Kreislaufwirtschaft (2021): „10 RE der Kreislaufwirtschaft“. Abgerufen am 14.12.2023
Hampus André, Maria Ljunggren Söderman und Anders Nordelöf (2019): „Resource and environmental impacts of using second-hand laptop computers: A case study of commercial reuse”, Waste Management, Volume 88, https://doi.org/10.1016/j.wasman.2019.03.050
Umweltbundesamt (2018): „Energieerzeugung aus Abfällen. Stand und Potenziale in Deutschland bis 2030“. Tabelle auf S. 24. Abgerufen am 14.12.2023
[1] Von „Drehscheibe Kreislaufwirtschaft“, siehe Links