Online Shopping vs. Ladengeschäft
Wie sich die Klimabilanz zusammensetzt
Online Shopping ist unglaublich beliebt geworden. In Deutschland sollen es jährlich vier Milliarden Pakete aus dem Online-Handel sein, in Österreich 140 Millionen. Als umweltbewusster Mensch ist die schnelle Kategorisierung in „Online Shopping ist böse“ und „Ladengeschäfte sind gut“ sehr naheliegend. Ganz so einfach ist es aber gar nicht – Fakten zur Klimabilanz.
Klimabilanzen[1]
Die Klimabilanz von Onlineshopping setzt sich zusammen aus:
- Strom des Endgerätes (Handy, Computer): 5-60 Gramm CO2-Äquivalente
- Energieverbrauch der Lagerhallen: 20-120 Gramm CO2-Äquivalente
- Lieferweg vom Paketzentrum zum Kunden: 200-400 Gramm CO2-Äquivalente
- Verpackung: 20-1000 Gramm CO2-Äquivalente
Die Klimabilanz von Shopping im Geschäft setzt sich zusammen aus:
- Energieverbrauch von Geschäft & Lagerhalle: 300-4400 Gramm CO2-Äquivalente
- Anfahrt des Kunden zum Geschäft (5 Kilometer): 0-1000 Gramm CO2-Äquivalente
- Verpackung (zum Beispiel Tüte): 30-130 Gramm CO2-Äquivalente
Es ist ersichtlich, dass die Bandbreiten teilweise sehr stark schwanken. Im Onlinehandel kann die Verpackung den größten Teil der Klimabilanz ausmachen (bis zu einem 1 kg CO2), muss es aber nicht. Das WDR Wissenschaftsmagazin Quarks schreibt, anhand dieser Aufschlüsselung, der Lieferweg mache mit Abstand den größten Anteil (200 bis 400 g CO2) aus. Zur Lieferung muss hinzugefügt werden, dass neben der eigentlichen Strecke vom Hersteller zum Kunden und der Frage der Zwischenlagerung auch die Frage wesentlich ist, ob das Paket zurückgeschickt wird. Es hängt also sehr davon ab, wie weit die Ware anreist, ob sie noch im Paketzentrum zwischengelagert und ob sie zurückgeschickt wird. Abgesehen von der Verdoppelung des Lieferweges bei einer Rücksendung, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Rücksendung ein Paket mit einer Neuware aus Kostengründen vernichtet wird – die Ware umzuordnen, zu lagern oder zu reparieren kann den Verkäufer teurer kommen. Laut Greenpace wurden 2020 allein im Bereich Kleidung und Elektronik rund 1,4 Millionen Retourpakete aus Österreich entsorgt.
Beim Einzelhandel im Geschäft gibt es laut Umweltbundesamt zwei Faktoren, die die Klimabilanz des Einkaufs maßgeblich beeinflussen: der Energieverbrauch des Geschäfts (bis über 4 kg CO2) und der Anfahrtsweg der Kunden. Diese wird oben mit bis zu einem Kilogramm CO2 berechnet, kann aber selbstverständlich auch deutlich höher liegen, wenn der Anfahrtsweg mehr Kilometer umfasst. Zum Energieverbrauch der Geschäfte selbst ist zu sagen, dass gerade Elektronikgeschäfte einen hohen Energieverbrauch aufweisen; ganze Kaufhäuser verbrauchen Unmengen an Energie, die beim Onlinehandel wegfallen.
Die höhere CO2-Belsatung durch die Verpackung beim Onlinehandel ist darauf zurückzuführen, dass Online-Händler ihre Produkte dicker und mehr verpacken, damit die Ware beim Transport nicht kaputt geht.
„Die letzte Meile“
Eine wichtige Größe in der Berechnung der Klimabilanz ist die sogenannte „letzte Meile“, also der Weg vom Geschäft (oder vom Zielpaketzentrum im Onlinehandel) zum Kunden:
- … Einkaufsfahrt mit dem Fahrrad/zu Fuß: 0 Gramm CO2-Äquivalente
- … Einkaufsfahrt mit der U-Bahn/Bus (5 Kilometer): 290-400 Gramm CO2-Äquivalente
- … Einkaufsfahrt mit dem PKW (5 Kilometer): 600-1100 Gramm CO2-Äquivalente
- … Lieferung per Onlinedienst: 200-400 Gramm CO2-Äquivalente
Hier wird ersichtlich, welchen großen Einfluss das individuelle Verkehrsverhalten auf die Klimabilanz beim Erwerb eines Produktes haben kann. Weil der Online-Handel mit seinen Lieferdiensten mit einer guten Fahrzeugauslastung, effiziente Lieferzeiten und zumindest beginnendem Einsatz von Elektrofahrzeugen punktet, schneiden Onlinedienste deutlich besser ab als das Ladengeschäft, welches von einem Kunden mit dem Auto angefahren wird. Fahrradkuriere könnten die letzten Meter zum Kunden noch klimafreundlicher werden lassen – ob sie zum Einsatz kommen hängt aber ganz von der Stadt bzw. dem Lieferdienst ab. Die Studie des Deutschen Umweltbundesamtes kam zum Schluss, dass Onlineshopping in den meisten Fällen weniger CO2-Äquivalente verursacht als der Einkauf im Geschäft. Das liege vor allem an der effizienteren Lieferung auf der „letzten Meile“ und der energiesparenden Lagerung.
Nicht aus den Augen zu verlieren ist, dass die Emissionen der „letzten Meile” nicht den gesamten Lieferweg abdecken, der schließlich deutlich länger sein kann, wenn das Produkt aus Übersee eingeflogen und immer wieder zurückgeschickt wird.
Entscheidend: das Produkt
Eines darf aber bei jedem Kauf nicht aus den Augen verloren werden. Die Gesamt-Klimabilanz eines Produktes setzt sich nicht nur aus der Art und Weise, wie und von wo es gekauft bzw. geliefert wird, zusammen. Handel und Transport tragen laut dem Wissenschaftsmagazin Quarks je nach Produkt nur ein bis zehn Prozent zu den Gesamtemissionen des Produkts bei. Drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen des Produktes entstehen in seiner Herstellung.
Ob wir online oder im Geschäft einkaufen ist nicht so entscheidend für unsere Klimabilanz. Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind.
Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes
Nicht beachtet: Der Mehrwehrt von Ladengeschäften
In den oben angeführten Klimabilanzen und der Studie des Deutschen Umweltbundesamtes nicht beachtet ist der Umstand, dass das Einkaufen im Ladengeschäft – und gerade in lokalen Fachgeschäften anstelle von großen Ketten – auch noch einen ganz anderen Effekt hat: Das Geld bleibt in der Region und damit verbunden seine Arbeitskräfte. Überspitzt formuliert könnte man sich beim Kauf eines Produktes auch die Frage stellen, ob man das Geld, das man ausgibt, lieber dafür verwendet, die Yacht eines internationalen Geschäftsführers mitzufinanzieren oder einem/r „normalen“ Mitbürger/in der Stadt oder des Dorfes, in dem man selbst wohnt.
Sechs Tipps, um jeden Kauf klimaschonender zu gestalten:
- Kaufe nur, was du oder der Beschenkte wirklich braucht.
- Lege Wert auf Qualität und Herstellung (zum Beispiel Langlebigkeit, Regionalität, Klimabilanz)
- Überlege vorher genau, ob dir zum Beispiel die Farbe gefällt. So verhinderst du Retouren.
- Wenn möglich, fahre mit dem Fahrrad oder benutze öffentliche Verkehrsmittel. Bestellst du online, lasse das Päckchen an eine Packstation liefern und hole es dort zu Fuß oder mit dem Fahrrad ab. So entstehen am wenigsten Emissionen auf dem Transportweg.
- Check zuerst, ob der Laden um die Ecke das gewünschte Produkt lagernd hat oder ob er es womöglich ebenfalls online verkauft, bevor du bei großen Onlinehäusern kaufst.
- Hebe die Verpackung auf, um sie noch einmal zu verwenden.
Quellen:
Wissenschaftsmagazin Quarks (2021): Wie klimafreundlich ist Onlineshopping? Klimabilanz im Versandhandel. Abgerufen am 3.12.2023
Umweltbundesamt (2020): Teilbericht I: Die Ökologisierung des Onlinehandels. Neue Herausforderungen für die umweltpolitische Förderung eines nachhaltigen Konsums. Abgerufen am 3.12.2023
Umweltbundesamt-Pressemitteilung (2020): Klimabilanz von Online- und Ladenkauf: Das Produkt entscheidet. Abgerufen am 3.12.2023
Greenpeace-Pressemitteilung (2021): Greenpeace-Berechnung: 1,4 Millionen Pakete aus Österreich mit neuwertiger Kleidung und Elektronik vernichtet. Abgerufen am 3.12.2023
[1] Vom Quarks-Artikel, der dafür den ersten Teilbericht des Deutschen Umweltbundesamtes zum Thema „Die Ökologisierung des Onlinehandels“ herangezogen hat. Siehe Links bei den Quellen.